Die innere Haltung – das Mindset von Coaches
Als Coachin oder Coach bekommst du leider nicht nur sympathische Klienten. Manchmal empfindest du spontan eine herzliche Abneigung und dann ist die Frage, ob eine Begleitung überhaupt möglich ist. Meistens ist die Abneigung gegenseitig, dann kommt auch keine Zusammenarbeit zustande. Sympathie ist ein Punkt, der unbedingt schon im Vorgespräch geklärt werden sollte.
Gleichschwebende Aufmerksamkeit
In der Anfangszeit der Psychotherapie nannte Sigmund Freud die Haltung des Analytikers „gleichschwebende Aufmerksamkeit“. Der Analytiker – und es waren damals nur Männer – sollte dem Patienten zuhören, ohne sich etwas zu merken oder bewusst zu bleiben. Er sollte einfach daneben sitzen und auf die eigene Merkfähigkeit vertrauen. Diese Haltung ist bereits 120 Jahre alt und weicht auch von der Haltung der heutigen Therapeuten ab.
Coaches sind weder Analytiker noch Therapeuten und dürfen keine Behandlungen vornehmen. Sie heilen also nicht. Die Haltung eines Coaches weicht auch von dem tranceähnlichen Zustand ab, den Sigmund Freud empfahl. Psychotherapeuten müssen die Erkrankungen von Patienten in ein Schema, die ICD 10, einfügen.
Durch die Klassifizierung derartiger „Störungen“ ist die Psychotherapie vorwiegend defizitorientiert und versucht also die Krankheit zu beseitigen. Im Gegensatz dazu haben Coaches die Konzentration auf die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Menschen, die zu ihnen kommen. Sie haben daher einen ressourcenorientierten Blick auf die Klienten.
Für jedes Verhalten gibt es einen Grund
Wenn wir das Verhalten eines Menschen beobachten, erkennen wir schnell, dass es für jedes Verhalten einen Grund gibt – die sogenannte positive Absicht. Das Mobbing eines anderen Kollegen kann dem Schutz der eigenen Position dienen und die Zigarettenpause kann eine wichtige Kontaktbörse sein. Wer nicht raucht, bekommt vielleicht die wichtigen Informationen nicht. Das kann das Aufhören mit dem Rauchen verhindern.
Die Erkenntnis einer positiven Absicht lässt uns als Coaches selbst in eine neutrale, wenn nicht sogar positive Haltung zum Klienten kommen. Das Verhalten des Menschen mag nicht in Ordnung sein. Der Mensch an sich ist aber in Ordnung, weil er oder sie das Ergebnis einer langen Lebensgeschichte ist, also die Summe aller Erfahrungen.
Darum sind Menschen auch nicht neurotisch, verrückt oder gebrochen. Sie treffen stets die beste Wahl aus dem, was ihnen an Optionen zur Verfügung steht. Sie funktionieren in ihrem „Modell der Welt“. Wenn du mit ihnen neue Wahlmöglichkeiten findest, dann können sie sich auch anders verhalten.
Mit diesen Überlegungen kannst du auch schwierige Klienten annehmen und ihnen in ihrer Entwicklung beistehen. Diese Annahme eines anderen Menschen ist die Grundlage, um sich überhaupt jemandem professionell zuwenden zu können, ob im Privatleben oder im Berufsleben.
Schaffe dir einen optimalen Arbeitsplatz
Coaches sollten sich einen optimalen Platz zum Arbeiten schaffen. Das sollte ein heller, ruhiger und gut belüfteter Raum sein, in dem es auch keine Störungen geben kann.
Selbstverständlich sollte nicht nur der Raum, sondern auch die Coachin oder der Coach in einem guten Zustand sein. Munter, ausgeruht und konzentriert zu sein ist wichtig, um die Klienten in ihrer Ganzheit wahrnehmen zu können. Gute Coaches können ihre Gedanken stoppen und ihre Gefühle verändern, um voll und ganz aufmerksam bei ihren Klienten zu sein. Während der Arbeit kann jedes Wippen eines Fußes, das Zucken eines Muskels im Gesicht oder die Veränderung des Atemrhythmus ein wichtiger Hinweis sein, der zur Lösung des Themas der Klienten beitragen kann.
Fühle deine Klienten
Mit einiger Erfahrung ist es sogar möglich, die Gefühle des Klienten wahrzunehmen, selbst zu fühlen, und sich dabei bewusst zu sein, dass es nicht die eigenen Gefühle sind. Der Dalai Lama hat diesen Zustand als Mitgefühl beschrieben. Mit-fühlen, ohne mit-zu-leiden, also nicht in schlechten Gefühlen der anderen stecken zu bleiben. Das bedeutet auch, sich nach jedem Coaching wieder frei davon zu machen.
Natürlich sollten Coaches alle ihre Fähigkeiten, ihr Wissen und ihre Erfahrungen während des Coachings einsetzen können. Zielgerichtet, lösungsorientiert und in liebevoller Hinwendung zur Klientin oder dem Klienten.
Die innere Haltung, das Mindset von außergewöhnlichen Coaches könnte man so beschreiben: Es ist wie ein wertvolles Blatt handgeschöpftes Büttenpapier, auf dem nur ein Wort steht.
Liebe.
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